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Neuanfang in Hohenschönhausen

DIENSTAG, 18. SEPTEMBER 2001

Neuanfang in Hohenschönhausen? Eine Wiederholung der bemerkenswerten Entwicklung von 1996, als die Eisbären einen komplett neu angepassten Anzug erhielten – dank der Transferkünste von Andy Murray, der in einem Halbjahresjob anderthalb Dutzend neue Leute, die richtigen auf jeden Fall, nach Berlin geholt hatte. Lange hatten die Eisbären von dieser Dividende profitiert, zweimal das Halbfinale erreicht (1997, 1999), und 1998 landete die Mannschaft aus dem Ostteil Berlins mit der Vizemeisterschaft sogar einen riesigen, bis heute nicht annähernd wiederholten Erfolg.


Doch in den beiden letzten Jahren ging die sportliche Entwicklung dramatisch nach unten: zweimal reichte es nur zu Platz 13, die Eisbären waren jeweils spätestens zur Mitte der Spielzeit kein ernsthafter Kandidat mehr für die Play-offs. Da durfte es nicht verwundern, dass sich die amerikanische Anschutz Gruppe (hat unter anderem auch bei den München Barons das Sagen) diesem unbefriedigenden Zustand nicht weiter zuschauen würde. Sowohl organisatorisch als auch auf dem Eis wurde ein tiefer Schnitt gemacht. Erstaunlich dabei indes, dass sowohl Trainer Uli Egen als auch Sportmanager Peter John Lee auf ihren Posten bestätigt wurden, und auch Billy Flynn, früher selbst mal an der Bande aktiv, darf sich weiterhin ums Marketing kümmern.


Chef der Eisbären-Organisation ist inzwischen Detlef Kornett, der übrigens auch noch für die gesamte Anschutz Sports Holding verantwortlich ist (München, London, Prag), und der dürfte den veränderten Kurs nachhaltig mitgestaltet haben. Ein Dutzend rein, ein Dutzend raus – so in etwa stellt sich das neue Berliner Team dar, das einen ganz anderen Zuschnitt erhalten hat als bisher. Klare neue Nummer eins ist Richard Shulmistra (siehe auch „Star der Eisbären“), während sich Klaus Merk, der frühere deutsche Nationaltorwart, mit der Rolle dahinter abgefunden hat.


Besonders interessant für die Fans im berühmten „Wellblechpalast“, für den der Senat in Berlin zunächst noch nicht einmal eine neue Plexiglasumrandung (die alte steht seit elf Jahren und ist reichlich zerkratzt) zur Verfügung stellen konnte, bevor dann ein paar Tage vor dem Start doch noch etwas Geld aufgetrieben wurde, dass bei den Eisbären einige Gesichter zu sehen sein werden, die bislang in der DEL noch nicht aufgetaucht sind. Die Eisbären machten es sich ohne Zweifel zunutze, dass in Amerika die Minor League IHL aufgelöst und nicht alle Klubs von anderen Ligen aufgenommen wurden.


Neben Shulmistra sind völlig neu in Deutschland noch Verteidiger Len Sorochan sowie die Stürmer David Roberts, Steve Larouche, Chris Marinucci und Ed Patterson. Ein Nachteil könnte sein, das sich die DEL-Novizen erst in der neuen Umgebung zurecht finden müssen, aber eher scheint derzeit vorstellbar, dass sie sich zu einem (für jeden Gegner unangenehmen) Überraschungspaket entwickeln werden. Und so war es dann auch beim Premieren-Wochenende, denn die Eisbären, kurzfristig noch ergänzt durch die Ex-Huskies David Cooper und Scott Levins, starteten gleich mit einem 4:1-Sieg in Frankfurt, und auch danach zeigte das neu komponierte Ensemble, dass mit den Eisbären beim Ligakonzert 2001 wieder zu rechnen sein dürfte. Auch Trainer Uli Egen, der in der Vorbereitung noch keine besonderen Erfolge hatte vorzeigen können, wirkte erleichtert: „Wir wussten eigentlich nicht so recht , wo wir stehen. Jetzt können wir erst einmal durchatmen.“