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Interview mit Thomas Brandl: "Mich kriegst du hier nicht mehr weg!"

FREITAG, 03. JULI 2020
Tobias Zeller // Kölner Haie

Seit 2010/11 gehört Thomas Brandl (51) in unterschiedlichen Funktionen zum Trainerteam der Kölner Haie. Aktuell ist der gebürtige Bad Tölzer, der 1987 als Spieler von seinem Heimatverein zum KEC wechselte, als Skills-Coach bei den Profis tätig. Wie der frühere Top-Stürmer – der u.a. zwei Meisterschaften mit den Haien feiern konnte – heute mit den KEC-Profis arbeitet und was er am Rheinland so liebt, verrät er im Interview.

Thomas, Dein Weg bei den Haien ging nach einer sehr erfolgreichen aktiven Eishockey-Laufbahn 2010/11 in eine Trainerkarriere über. War Dir schon als Spieler klar, dass Du einmal hinter der Bande landen würdest?

Thomas Brandl: „Nein, dieser Weg war anfangs überhaupt nicht abzusehen. Eigentlich hatte ich nach so vielen Jahren Profi-Eishockey erstmal die Schnauze voll. Ich wollte mich voll und ganz meinem großen Hobby, dem Golfsport, widmen. Von Eis, Pucks und Schlittschuhen wollte ich erstmal nichts mehr wissen.“

Wie kam es dann zum Sinneswandel?
„Ein guter Freund hat mich zur Seite genommen und gesagt: ‚Mensch, du warst als Spieler so erfolgreich und weißt soviel über den Sport, wäre doch schade, wenn dieses Wissen verloren ginge.‘ Der hat mich dann für einen Trainerlehrgang angemeldet, sodass ich mich quasi gar nicht mehr dagegen wehren konnte. Und so bin ich dann quasi mehr oder weniger in diesen Job reingerutscht.“

Zunächst hast Du ja als Jugendtrainer beim KEC angefangen und bist dann 2016 zu den Profis aufgerückt. Ist Dir dieser Schritt anfangs schwer gefallen?
„Eigentlich nicht. Du musst bei allem was du tust, authentisch sein. Ob das die Arbeit mit jungen Talenten ist oder mit Profis – an meiner Ansprachen und dem Umgang mit den Spielern hat sich da nicht viel verändert. Viel wichtiger ist es, sich mit den unterschiedlichen Charakteren in der Kabine auseinanderzusetzen. Da braucht der eine vielleicht eine deutlichere Ansprachen, während du dem anderen auch mal die Seele streicheln musst. Es ist wichtig, da das richtige Mittelmaß zu finden.“

Dein Aufgabengebiet hat sich etwas verändert. Seit gut dreieinhalb Jahren arbeitest Du bei den Profis vor allem im Individualbereich als Skills-Coach. Was verbirgt hinter diesem abstrakten Begriff?
„Das kann ich gerne kurz erklären. Damals war es in Deutschland absolut unüblich im Bereich Technik-Schulung einen eigenen Trainer einzustellen. Da waren die Haie ligaweit wirklich die ersten – und sind es meines Wissens noch – die diesen Bereich gesondert schulen. Ein Hauptaugenmerk gilt dabei dem Stickhandling und der richtigen Schusstechnik. Aber auch das Schlittschuhläuferische kommt im Sommer nicht zu kurz. Dafür bin aber nicht nur ich allein zuständig. Ich arbeite da eng mit Ron Pasco und U20-Headcoach Patrick Strauch zusammen. Und das Ganze geschieht natürlich immer in enger Absprache mit unserem Headcoach Uwe Krupp.“

Nochmal zurück zu Deinen Aufgaben: Du sorgst dafür, dass die Jungs im Spiel nicht mehr groß über die richtige Technik nachdenken müssen?
„Dann habe ich einen guten Job gemacht (lacht). Aber ja: Letztlich geht es darum, Abläufe zu automatisieren, sodass die komplexen technischen Abläufe am Ende auch mit höchster Geschwindigkeit unter Wettkampfbedingungen funktionieren. Das geht nicht von jetzt auf gleich, sondern ist vielmehr ein Prozess – aber am Ende einer Vorbereitung sollten die Jungs koordinativ und technisch definitiv auf einem besseren Niveau sein als vorher.“

Hand auf’s Herz: Hat es Dich nie gereizt, als Hauptverantwortlicher hinter der Bande zu stehen?
„Nein, das ist nie mein Ziel gewesen. Wenn ich sehe, wie komplex die Arbeit eines Headcoaches ist, bin ich in meinem Aufgabengebiet schon gut aufgehoben. Mein Motto war schon als Spieler immer: ‚Schuster, bleib bei deinen Leisten!‘ Und damit bin ich bislang auch ganz gut gefahren.“

Du bist seit 1987 im Rheinland zuhause. Vermisst du manchmal Deine bayrische Heimat?
„Bist du wahnsinnig? Ich bin Rheinländer durch und durch. Mich kriegst du hier auch nicht mehr weg! Wenn ich heute am Dom vorbeifahre, geht mir immer noch das Herz auf. Dann halte ich kurz inne und denke: ‚Was hast du nur für ein Glück, hier leben zu dürfen!‘ Die ganze Mentalität, die Kultur und die Geschichte dieser Stadt sind doch einmalig.“

Was macht Thomas Brandl, wenn er mal etwas Abstand vom Eishockey braucht?
„Dann widme ich mich voll und ganz meiner Familie. Ich habe vier Töchter und einen Hund. Gerade während der Saison ist bei uns richtig was los. Da bin ich wirklich froh, dass mir meine Frau Verena so den Rücken freihält. Deshalb versuche ich, gerade im Sommer, möglichst viel Zeit mit der Familie zu verbringen. Golfen kann ich wegen ein paar Zipperlein im Rücken leider schon seit einiger Zeit nicht mehr.“

Du sollst auch einen beachtlichen Weinkeller besitzen?
„Naja, sagen wir mal so: Ich sammle ein paar Weine. Generell muss ich sagen, dass ich im fortgeschrittenen Alter schon sehr viel Wert auf gutes Essen lege. Und da gehört für mich auch ein guter Wein – oder auch schon mal ein Whiskey dazu. Aber ich kaufe die Flaschen nicht für teures Geld ein, sondern hoffe, dass sie sich mit der Zeit entsprechend entwickeln.“

Gibt es da vielleicht eine Verbindung zwischen Deinem Charakter und dem Deiner Weine …?
„Manchmal denke ich schon: ‚Brandello, du bist jetzt 51 Jahre alt und musst jetzt langsam auch mal ein bisschen runterfahren.‘ Verglichen mit meinen Weinen beginne ich gerade erst damit, zu reifen.“ (lacht)